Nie wirklich das Gute, aber immer den Teufel an der Wand!

Unternehmenssteuerreform 2008Der Wirtschaft in Deutschland geht es gut. Der Wirtschaft in Deutschland geht es nicht gut genug. Die Politik muss dafür sorgen, dass es der Wirtschaft besser geht. Die Politik muss sich aus der Wirtschaft heraushalten. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wenn Sie diese Sätze lesen. Weisheiten aus dem Katechismus marktradikaler Meinungsführer – Standartsätze, die sich die deutsche Politik schon seit Jahren verinnerlicht hat. Und sie klingen immer gleich: die Dramaturgie des Untergangs als Botschaft in diesen Kernsätzen. Thumann und Rogowski , Hans-Werner Sinn , Meinhard Miegel, Merkel und Pofalla, Steinbrück, Hubertus Heil und der stotterbayrische Ministerpräsident mit seinem Generalsekretär; die ganze FDP-Clique , aber auch Teile der Grünen, und nicht zu vergessen der Wirtschaftsminister Michel Glos – sie alle gehören zur Mannschaft der Muliplikatoren zur Umverteilung von unten nach oben.

Nun ist sie da – die Unternehmenssteuerreform 2008 , abgesegnet im Bundesrat läuft sie nun die Maschinerie.Diese Klagen! Nie wirklich das Gute, möglichst den Teufel an die Wand, beschissene Zukunft … „wenn ihr nicht so spurt, wie wir das wollen!“ Diktatur der „Wirtschaftseliten“ pur, „soziale“ Marktwirtschaft der anderen Art!


„Ich bin der festen Überzeugung, ohne die Wirtschaft geht nichts“ , sagte BDI-Präsident Thumann vor einiger Ziet in einer Hörfunksendung des SWR.Und weiter: „Die Wertschöpfung wird zu teuer in Deutschland, die Unternehmen wandern ab mit ihrer Wertschöpfung und wir müssen uns fragen, was wird den Unternehmen alles abgeknöpft durch diesen Staat.“

Auf dem Wunschzettel der Wirtschaftseliten steht neben Vielem der zentrale Wunsch:

Staat, halte Dich raus, am besten aus allem, und überlasse die Bürger ihrer Selbstverantwortung. Wenn´s was zu verteilen gibt, dann gefälligst uns und nicht der sogenannten Allgemeinheit. Nick gefälligst ab, was wir dir vorschlagen!Wir haben unsere Regeln der Selbstverwaltung und ich glaube, dass wir das auch weitestgehend alles sehr gut praktizieren. Und dann werden wir in der uns hoffentlich zugestandenen Freiheit eigenverantwortlich zum Wohle der Gesellschaft insgesamt handeln.

Der Markt als sich selbst regulierendes Wesen, das wie ein deus ex machina aus sich heraus Fortschritt und Wohlstand für alle erzeugt. Angetrieben nur von tatkräftigen Unternehmern, die von Staat und Politik dabei nicht gestört werden wollen.

Die großen Wirtschaftsverbände, Arbeitgeberverband, der BDI machen Druck auf die Politik. Also sie versuchen immer, den Standort und die Standortbedingungen in Deutschland besonders schlecht zu zeichnen, da spielt es dann auch keine Rolle, wenn man riesige Gewinne gleichzeitig macht, man kann trotzdem immer das Lied anstimmen, dass Deutschland besonders schlecht aufgestellt ist, selbst wenn wir Export-Weltmeister gleichzeitig sind. Und es gelingt ihnen offensichtlich, über ihre Medienpräsenz in den öffentlich-rechtlichen Talkshows genau so wie in den Zeitungen, an bestimmten Punkten ein Klima zu erzeugen, wo man das, was die lobbyistisch durchsetzen wollen, dann auch für die wirtschaftspolitische Wahrheit hält.

Kommandowirtschaft im Sinne von „wir geben das Kommando“ bleibt wie bei allen vergangenen Steuergeschenken an die Kapitalgesellschaften wie immer im Ungefähren:

Eine Senkung der Unternehmenssteuer ist ein deutlicher Anreiz für die Unternehmen, verstärkt hier in Deutschland zu investieren.

„Anreiz. -“ ist Teil des neoliberalen Wortgeklingels und wird wie kein zweites immer wieder als ungedeckter Scheck für die Zukunft ausgestellt. Erfahrungen in der Vergangenheit haben allerdings gezeigt, dieser Anreiz hat sich irgendwie immer als zu gering erwiesen. So auch bei der letzten massiven Unternehmenssteuersenkung der Rot-Grünen Bundesregierung im Jahr 2001. Vergeblich hat der damalige Bundesfinanzminister Hans Eichel darauf gesetzt, dass aus seinem viel zitierten „größten Steuersenkungsprogramm der Nachkriegsgeschichte ein kräftiger „Anreiz“ für mehr Arbeitsplätze entstehen würde………………………………………………………..Nix war´s!

Aber die Politik hält weiter treudoof den Kurs.

Von Volkswirtschaftslehre im Sinne dieser Wissenschaft nicht die Rede! Allenfalls von beherrschten Volkswirtschaftslehrern. Der Düsseldorfer Makroökonom Gustav Horn , der Wiesbadener Steuerexperte Lorenz Jarass und der Berliner Finanz- und Volkswirtschaftler Giacomo Corneo haben in einer SWR-Hörfunksendung dazu eigene wissenschaftliche Studien veröffentlicht. Sie sehen Politiker beim Thema Unternehmenssteuern in eingefahrenen Denkmustern verhaftet – und einseitig beeinflusst.

Das ist ihnen häufig natürlich auch von den Interessenvertretern eingeredet worden. Es ist ja klar, die Unternehmensverbände fordern dies ständig und sagen, dafür gibt’s mehr Arbeitsplätze, da kommt mehr Geld nach Deutschland, also auch mehr Beschäftigung. Das ist so einfach leider nicht:

Das meiste Geld, das kommt, geht in Finanzinvestitionen und nicht in realwirtschaftliche, d.h. Beschäftigung.

In aller Regel haben Steuersenkungen keine wesentlichen Auswirkungen auf das Verhalten von Wirtschaftssubjekten. Und deswegen finden wir auch in den Lehrbüchern, die in den Masterkursen in der angelsächsischen Welt verwendet werden, die ganz deutliche Aussage, dass Wachstumspolitik nicht durch steuerliche Maßnahmen betrieben werden soll, weil diese Maßnahmen sehr wenig bewirken. Die Prioritäten liegen woanders:

Wenn ein Unternehmer überlegt, in neue Maschinen oder neue Fabrikhallen zu investieren, vergleicht er die zu erwartende Rendite mit dem Gewinn, den er durch eine Anlage an den Weltfinanzmärkten erzielt. Sachinvestitionen tätigt er nur, wenn deren Rendite vergleichsweise höher ist.

Abgesenkte Unternehmenssteuern haben auf diesen Renditevergleich keinen nennenswerten Effekt. Es gibt dezeit keinerlei empirische Befunde zur Untermauerung der These, daß die Unternehmenssteuerreform 2008 wichtige Wachstumseffekte erzeugt.

Oder anders herum:

Es gibt keine statistische Korrelation zwischen Steuersatz und Wirtschaftswachstum, weder über die Zeit betrachtet in den Vereinigten Staaten, noch wenn man unterschiedliche Länder weltweit vergleicht.

In Deutschland wird das hohe Lied niedriger Unternehmenssteuern zum Nutzen höherer allgemeiner Wohlfahrt dennoch weiter gesungen. Es hat Tradition. Schon der selbsternannte Weltökonom Helmut Schmidt hat Jahrzehnte lang Bedenken gegen das Versprechen auf mehr Arbeit aus steigenden Unternehmergewinnen mit einem immer gleichen apodiktischen Standartsatz zurückgewiesen:

Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Ar­beitsplätze von übermorgen.

Helmut Kohl und Gerhard Schröder argumentierten ebenso. Und heute sagen die Spitzen der Großen Koalition von CDU und SPD dasselbe. Wie vor 25 Jahren wird die Formel auch von derzeit aktiven Politikern und Wirtschaftsführern als argumentative Allzweckwaffe benutzt, um damit die Aussicht auf mehr Arbeit und damit Wohlstand für alle zu begründen.Immer hat sich diese Formel als wirksam zu Gunsten der Unternehmer erwiesen. Selten zugunsten abhängig beschäftigter Menschen. Und noch seltener ist dadurch die Arbeitslosigkeit zurückgegangen.Der Umkehrschluß scheint der Fall zu sein:

Die Gewinne von heute sind zu einem gut Teil die Arbeitslosen von morgen.

Überall und jederzeit handeln Wirtschaftsführer nach dieser verqueren Renditeformel. Der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, hat ihr Handlungsmuster exemplarisch vorgeführt. Bei seinem spektakulären Auftritt auf der Bilanzpressekonferenz seines Hauses erklärte er es mit einem einfachen Dreisatz.

Wir haben im abgelaufenen Jahr einen großartigen Rekordgewinn von 3,6 Milliarden Euro gemacht. Wir müssen 6.000 Arbeitsplät­ze abbauen. Die Kapitalrendite von unter 20 Prozent muss schnell auf 25 Prozent steigen.

Zahlreiche Wirtschaftsstudien kommen zu dem übereinstimmenden Ergebnis, Unternehmenssteuersenkungen sind kein Patentrezept für Investitionen und damit mehr Arbeitsplätze. Dass führende Politiker der Großen Koalition diese Befunde kaum erwähnen, ist das Ergebnis einer hervorragend funktionierenden PR und Lobbyarbeit der Konzerne. Die Einflussnahme, gerade bei Projekten wie der Unternehmenssteuerreform, geschieht auf zwei Ebenen, einmal auf der öffentlichen Stimmungsmache und zum andern natürlich ganz gezielt, indem man die zentralen Player in Regierung und Parlament versucht anzusprechen und für die eigenen Positionen zu gewinnen.

Deutsche Politiker begründen ihr Gesetz für sinkende Unternehmenssteuern mit zwei weiteren Hauptargumenten: dem internationalen Wettbewerb der Unternehmen und dem Steuerwettbewerb der Nationen.Beide Phänomene gelten als objektive Sachzwänge, denen man sich nicht verschließen könne. Um ihnen gerecht zu werden, müsse es für Unternehmer in Deutschland wieder lohnenswerter sein, ihre hier erzielten Gewinne auch hier zu versteuern. Zudem müssten sie davon abgehalten werden, ihre Produktionsstätten noch häufiger als bisher ins steuerbillige Ausland zu verlegen.

Wettbewerb, Wettbewerb, nichts als Wettbewerb. Man kann es schon nicht mehr hören. Wie oft dieser Begriff als Ausflucht aus der sachlichen Diskussion schon geschliffen wurde!

Im Grunde geht es nur um die Durchsetzung einer marktradikalen Wirtschaftspolitik zugunsten der Konzerne, strikt angebotsorientiert, mit dem Ziel die Politik in die Handlungsunfähigkeit zu drücken.Immer neue Rekorde in der Handelsbilanz des Exportweltmeisters Deutschland und explodierende Unternehmensgewinne sind eher Indikatoren einer hoch wettbewerbsfähigen Wirtschaft.

Nicht zuletzt deshalb stößt die populäre Argumentation der nicht wettbewerbsfähigen deutschen Wirtschaft auf massive wissenschaftliche Vorbehalte. Insbesondere bei Kapitalgesellschaften spricht die ständig ins Feld geführte nominale Steuersatzzahl gerade nicht für sich. Die liegt in Deutschland bei 29,83 Prozent. Seriöse Untersuchungen dazu kommen zu dem Ergebnis, 29,83 Prozent stehen nur auf dem Papier. Tatsächlich zahlen Unternehmen weit weniger Steuern. Schon deshalb, weil sie aufgrund zahlreicher Ausnahmeregelungen große Teile ihrer Gewinne herausrechnen können. Für Professor Lorenz Jarass ist das politische Dauerargument mit nominalen Unternehmens steuersätzen daher eine Mogelpackung.

In einer SWR-Hörfunksendung sagt dazu der international anerkannte Steuerexperte Prof.Lorenz Jarass:

In Deutschland haben wir die Situation, dass die tatsächlich bezahlte Steuerbelastung auf Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen seit 1995 drastisch abgesenkt worden ist. Nicht so in den anderen Ländern. Die anderen Länder haben die nominalen Steuersätze gesenkt, aber gleichzeitig eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen, um die tatsächlich bezahlte Steuerbelastung ungefähr konstant zu halten. Die Schweiz z.B. hat nominale Steuersätze von knapp unter 30 % und die tatsächlich bezahlte Steuerbelastung ist auch etwa knapp unter 30 %. (Lorenz Jarass)

Was jetzt beschlossen wird, ist genau das gleiche. Unsinnige Steuervorschläge, die 2001 beschlossen worden sind, nämlich Senkung der nominalen Steuersätze mit riesigen Steuerausfällen, keinerlei umsetzbare Maßnahmen zur Gegenfinanzierung, und die einzige Maßnahme, die tatsächlich damals beschlossen worden ist und jetzt wieder beschlossen wird, ist drastische Verschlechterung der Abschreibungsbedingungen.

Der Wiesbadener Steuerprofessor ist einer der wenigen Experten in Deutschland, der in Modellrechnungen belastbares Zahlenmaterial vorgelegt hat. Kurz bevor die Unternehmenssteuerreform im Bundestag verabschiedet worden ist, hat er bei einer Expertenanhörung die Einnahmeverluste des Staates auf jährlich mindestens 10 Milliarden Euro beziffert. Nun darf man gespannt sein, wie die Politik dieses riesige Loch in der Staatskasse stopfen will, weil die Unterfinanzierung des Staatshaushaltes irgendwie gegenfinanziert werden muß! Für Lorenz Jarrass ist das ganze Projekt Gegenfinanzierung wegen vieler komplizierter Ausnahmeregelungen ein äußerst vages Unterfangen. Noch gravierender sind für ihn die darin enthaltenen strategischen Fehler und falschen Anreize.

Fakt ist: Diejenigen, die in Deutschland real investieren, Hallen bauen, Maschinen aufstellen, real Arbeitsplätze schaffen, genau diese Firmen werden durch diese verschlechterten Abschreibungsbedingungen massiv belastet.Und alle anderen, die im wesentlichen spekulieren, die aufkaufen, die Unternehmen sozusagen zerschlagen und zerstückeln und filetieren und die verbleibenden Arbeitsplätze ins Ausland exportieren, die werden dadurch auch noch steuerlich subventioniert.

Zusätzliche Arbeitsplätze entstehen in aller Regel nicht in den Konzernen, sondern im Mittelstand. Aber: Die mittelständischen Unternehmer, die werden dazu gezwungen, sich genauso zu verhalten wie die internationalen Finanzspekulanten, nämlich möglichst ganz wenig Eigenkapital ins Unternehmen zu packen, möglichst ganz viel Fremdkapital hinein zu packen und dann, wenn das Unternehmen einigermaßen gut läuft, das Unternehmen mit hohem Profit zu verkaufen. Das ist sozusagen die Anreizfunktion dieser neuen Unternehmenssteuerreform.

„Wenn wir die heimischen Steuern für Konzerne senken, dann erhöhen sie im deutschen Inland ihre Investitionen, dann steigt hier die Konjunktur“, und in der Folge würden die Arbeitslosenzahlen sinken. Mitnichten!

Wirtschaftswissenschaftliche Befunde weisen in eine andere Richtung: Konzernchefs der globalen Ökonomie lassen eingesparte Steuermilliarden als Investitionen dorthin fließen, wo wenig regulierte Wachstumsmärkte, niedrige Löhne und niedrige Sozialstandards die relativ höchste Rendite erwarten lassen. Deshalb bewirken nationalstaatlich abgesenkte Unternehmenssteuersätze grundsätzlich wenig.

Werden sie in starken Volkswirtschaften wie Deutschland gewährt, senden sie zudem gefährliche Signale für schwächere Volkswirtschaften aus. Ruinöser Wettbewerb setzt ein um immer niedrigere nationale Steuersätze.International tätige Konzerne können Staaten schon jetzt mit dem Hebel des Auf- oder Abbaus von Arbeitsplätzen mehr oder weniger erpressen, ihnen betriebswirtschaftlich „günstige“ Steuerbedingungen zu bieten. Immer mehr Nationalstaaten lassen sich in solche Steuerwettläufe hineintreiben. Einige Staaten treiben sogar aktiv damit Politik.

Ich meine, Wettbewerb sollte ein Wettbewerb um Produkte, um Innovationen sein, der Neues schafft, der auch Reichtum schafft. Steuerwettbewerb schafft keinen Reichtum, außer für Einzelne, die ihn ausnutzen, aber nicht für die Volkswirtschaft. Insofern muss man diesen Steuerwettbewerb bekämpfen. Man kann dies z.B. dadurch tun, dass man Mindeststeuervoraussetzungen innerhalb der EU festlegt. All dies ist politisch natürlich schwierig, weil jedes einzelne Land nur an sich denkt, aber nicht an die EU insgesamt, die ja mittlerweile ein Binnenmarkt ist. Aber hier muss auch erst einmal das Bewusstsein für eine solche gesamtwirtschaftliche, im europäischen Sinn gesamtwirtschaftliche Denkweise geschaffen werden, und davon sind wir leider noch weit entfernt.

Vermögensbesitzer oder Wirtschaftsunternehmen haben sich vom Grundsatz des ausgleichenden, handlungsfähigen Steuerstaates weit entfernt. Mit ihrem individualistischen Versicherungs- und Eigenvorsorgekonzept konterkarieren sie unser Sozialstaatsgebot. Dem kann der Staat nur nachkommen, wenn ihm ausreichende finanzielle Mittel zufließen. Seine Kernaufgaben dabei: einseitige Einkommens- und Vermögensverläufe in der Wirtschaftsgesellschaft ausgleichen und Einkommens schwachen eine angemessene gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Dafür ist der Steuerstaat auf angemessene Steuerbeiträge einkommensstarker Bevölkerungsgruppen geradezu angewiesen. Bei denen ist das dafür erforderliche Bewusstsein sozialer Verpflichtung aber nur schwer auszumachen.

Sozialdarwinismus gepaart mit hedonistischen Merkmalen der Verhaltenstrend führt genau in die entgegengesetzte Richtung. Nicht die soziale Verpflichtung steht im Vordergrund, sondern einseitige Verfolgung eigener Interessen. Wirtschaftlich Reiche verstehen sich vor allem als Einflussreiche.Wenn sich solche Dinge verfestigen, dann bekommen die, die immer in der Sonne stehen, sicherlich auch zunehmend mehr Macht.

Das heißt, sie haben auch die Instrumente, um diese Macht zu sichern. In der Politik beispielsweise, indem sie über Lobbyverbände, über Beratungsinstitutionen verfügen, die ihren Standpunkt gegenüber der Politik sehr deutlich zu machen wissen. Und das führt dann am Ende dazu, dass eine Steuergesetzgebung gemacht wird, die in eine bestimmte Richtung geht, die stärker Reiche entlastet, während Leute, die am Rande der Existenz leben, nichts davon haben. ( siehe Manipulationen in Deutschland )

Deutschland, reiches Land. Die drittgrößte Volkswirtschaft gehört zu den wohlhabensten der Welt. Nach den USA und Japan leben hierzulande die meisten Millionäre und Milliardäre.

Die Einkommen aus Unternehmertätigkeit, aus Vermögens- und Kapitalbesitz und die Einkommen vieler Selbstständiger sind seit Jahren stetig gestiegen.Die Einkommen abhängig Beschäftigter stagnieren dagegen, nicht wenige sind sogar gesunken. Nur 15 Prozent der Bundesbürger besitzen Aktien. Nur 1,7 Prozent aller Haushalte verfügen über 74 Prozent des gesamten deutschen Produktivvermögens. Zusammengenommen dokumentieren solche Daten eine messbare dynamische Umverteilung von unten nach oben.

Die Folge ist, dass es zu einer Verteilungsungerechtigkeit kommt, gleichzeitig der Staat zunehmend weniger in der Lage ist, seine tatsächlichen Aufgaben wahrzunehmen. Alle reden von Bildung, Bildung, Bildung, und das machen Leute in feierlichsten Reden, und beim nächsten Haushaltsbeschluss werden unter Umständen sogar die Bildungsetats gekürzt. Man verweist immer auf den Sachzwang, aber der Sachzwang ist ein selbst herbeigeführter und häufig eine Feigheit davor, sich mit etablierten Interessen anzulegen, das ist gewissermaßen „das scheue Reh des Kapitals“ wie es so schön heißt, das auf keinen Fall irritiert werden muss, sonst läuft es ganz schnell weg. Gerechtigkeit wird ihrer Definition nicht gerecht, wie man am Beispiel Unternehmenssteuerreform erkennt. Egal welche Bundesregierung gerade im Amt war:

Jede erhöhte die Abgabenlast für abhängig Beschäftigte.

Heute müssen diejenigen, die besser verdienen, sehr schnell mehr als die Hälfte ihres Einkommens an den Staat abführen. Bei Unternehmern, Selbstständigen und Vermögenden haben sich die Steuerverhältnisse dagegen umgekehrt. Sie zahlen immer weniger. Von Steuergerechtigkeit kann heute kein Politiker mehr ernsthaft reden. Denn eigentlich herrscht eine Steuerungerechtigkeit biblischen Ausmaßes. Frei nach dem Motto: Wer hat, dem wird gegeben.

Steuerungerchtigkeit ist kein unabwendbares Naturereignis , gegen das die nationale Politik wenig ausrichten kann. Es fehlt am politischen Willen und den Interessen der Politiker selbst, die mit der Wirtschaft eng verbandelt sind. Unabhängige Entscheidungen können so nicht mehr getroffen werden, Gefahr laufend, die Politik durch Korruption zu verunreinigen. Cayman Islands darf nicht zum Synonym für Machtlosigkeit und Entschuldigung der Politiker herhalten. Es gibt immer Wege zur Kontrolle; wenn man es denn nur will!

Ich halte es für einfach eine Fahrlässigkeit, dass Inseln wie die Cayman-Inseln, und der finanzpolitische Zugang zu ihnen handelstechnisch immer offen gelassen wird.
Warum beschließt man nicht Sanktionen gegen solche Länder? Wenn wir auf der Ebene der Güter und Waren Dumping-Preise haben, wird die WTO, die Welthandelsorganisation, Sanktionen gegen dieses Land beschließen. Auf der Ebene der Finanzen haben wir solches nicht. Warum tun wir nicht das Gleiche dort? Warum kehren wir nicht auch erst einmal vor unserer eigenen europäischen Haustür? Wir haben Länder innerhalb der EU, Luxemburg, Irland, die ganz gezielt Steuervorteile bieten, das kann nicht sein.

Das geht zu Lasten der Europäischen Union und deren Solidarität. So geht es nicht, und da muss man politisch ansetzen.

Bürger mit durchschnittlichen Einkommen fragen, warum sie so viele Steuern zahlen und der Staat dennoch so viel Mühe hat seine Kernaufgaben angemessen zu erfüllen. Politiker haben kaum Antworten darauf, warum dringend erforderliche Mittel für Forschung und Bildung, für Familien und Kindertagesstätten oder für öffentliche Infrastruktur Maßnahmen fehlen. Sie verweisen auf vordergründige Symptome: niedriges Wachstum, schlechte Konjunktur oder hohe Sozialtransfers. Doch die eigentlichen Ursachen liegen tiefer. Der Staat ist schwach, weil zu viele Starke den Gesellschaft´s Vertrag an einem wichtigen Punkt aufgekündigt haben: dem der Steuergerechtigkeit.

Sie ist der Maßstab dafür, ob unser Staat und unsere Marktwirtschaft das Attribut „sozial“ zu Recht trägt.

Es ist eine grundsätzliche Debatte nötig. Wir haben eine Veränderung auch in unserem Wirtschaftssystem, in unserer Markwirtschaft hin zu einem marktradikalen Kapitalismus.

Was ist denn jetzt Soziale Marktwirtschaft?

Und was ist soziale Gerechtigkeit in der Marktwirtschaft?

Sie leidet unter einkommensstarken Nutznießern eines „freien“ internationalen Finanzverkehrs, die ihre Steuerbeiträge eigennützig optimieren und unter Steuerflüchtigen, die ihre Steuerpflicht völlig ignorieren. Beide machen den Sozialstaat arm. Beide gehören zu einem ökonomischen Weltregime, das den von ihnen abhängigen politischen Repräsentanten durch ihre wirtschaftliche Potenz Regeln und Verhalten´s normen diktieren kann, denen sie sich selbst immer mehr entziehen.Wir brauchen eine Weltordnungspolitik, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass die Marktwirtschaft erst dann sozial sein kann, erst dann die Perspektive Gerechtigkeit im Blick bleibt, wenn sie in einen starken Ordnungsrahmen eingebunden ist, und das muss heute eben weltweit oder auf europäischer Ebene geschehen.

Die in gesellschaftliche Institutionen geronnene Idee der sozialen Gerechtigkeit verhindert, dass in unserem Gemeinwesen die überquellenden Aktiva der einen, die darbenden Passiva der anderen sind. Dass aus Kapitalflucht und Steuervermeidung der einen, die Angst vor sozialem Abstieg und Armut der anderen wird. Das gerechte Geben und Nehmen im Staat ist das moralische Fundament aller Steuerdiskussionen. Wird es von denen die viel haben, hintergangen, verliert die Gesellschaft ihren inneren Zusammenhalt. Am Ende stehen sich nur noch Individuen gegenüber, die funktional höchst unglücklich miteinander verbunden sind.

Reiche, die immer reicher werden und Arme, die immer ärmer werden.

Für die Reue eines Wurms fehlt mir der Text………………. Das Verhängnis unserer Kultur ist, daß sie sich materiell viel stärker entwickelt hat als geistig.

Peter Christian Nowak ; Petra Karl ; Dirk Grund
Redaktion: !Tacheles – Im Namen des Volkes?!

2 Antworten

  1. […] Roth. Seit Jahren ist er auf den Spuren von Mafia und Korruption. Doch was sucht er in diesem Frankfurter Tabakladen? Er sucht die Lieblingszigarre von Peter Hartz, […]

  2. […] unterwerfen. Auf einmal fliessen Milliarden, um Schutzschirme über privaten Banken und Kapitalmärkten aufzuspannen. Unsere Krise löst dagegen keiner. Die Investionen ins Bildungswesen sind lächerlich […]

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